Ein spontanes Bündnis steirischer Sozialorganisationen hat am Montag mit harten Aussagen auf die am Freitag bekannt gewordenen Kürzungen im Sozialbereich reagiert. „Für uns ist heute ein schwarzer Tag“, fasste Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler für die beteiligten Organisationen zusammen: „Am Freitag haben viele Organisationen erfahren, dass ihr Projekt nicht mehr gefördert wird. Das bedeutet: Weniger Hilfe, weniger Soziales, weniger Integration und auf der anderen Seite menschliche Tragödien“, fasste Tödtling-Musenbichler zusammen. „Diesen Kahlschlag werden wir nicht hinnehmen“, so die Organisationen unisono.
Gemeinsam für Menschlichkeit einstehen
Gemeinsam mit Alexandra Köck von ZEBRA – Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum, Joe Niedermayer von den RosaLila PantherInnen, Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle, Robert Reithofer vom Verein ISOP sowie Manfred Rupp von der AIDS-Hilfe Steiermark betonte man, für viele Organisationen zu sprechen, die aus Zeitgründen noch nicht erreicht werden konnten: „Wir stehen für viele Organisationen, die tagtäglich für Menschen in Not da sind und nicht wissen, was sie ab 1. Juli tun können“, hieß es. „Was uns jetzt eint, ist der Schock über diesen Schritt. Wir werden gemeinsam für Menschlichkeit in der Steiermark einstehen.“ Das spontane Bündnis agiert unter dem Schlagwort „Menschlichkeit brauchen wir“ und ermuntert weitere Organisationen, sich dem Hashtag #steiermarkretten anzuschließen und sich an die Mailadresse jetzt(at)steiermarkretten.at zu wenden.
Arbeit gefährdet, die den sozialen Zusammenhalt stärkt
Die Organisationen nannten drei Ebenen ihrer Kritik: Der radikale Ansatz der Kürzungen und die Tragweite der Entscheidungen, die Form der Übermittlung zwei Wochen vor Inkrafttreten und die Sprache der politischen Entscheider. „Die Kürzungen betreffen viele Organisationen, die täglich beratende, unterstützende und präventive Arbeit leisten, die notwendig ist für den sozialen Zusammenhalt in der Steiermark“, fasste Tödtling-Musenbichler zusammen.
Professionelle Arbeit im Sinne der Gesellschaft
Die Sprecher*innen betonten, dass es Organisationen treffe, die seit Jahrzehnten im Auftrag der öffentlichen Hand professionell und effizient Aufgaben im Sinne der Gesellschaft übernehmen: „Es geht um Armutsbekämpfung und Integration, um Menschen in Notsituationen und Jugendliche, auch um Familien.“ Betroffen seien viele Projekte, die präventiv wirkten, etwa im Gewaltschutz. „Da werden wir mit hohen Folgekosten rechnen müssen“.
Ab 1. Juli Beratungen nicht mehr möglich
„Wir können ab 1. Juli keine Beratungen mehr leisten“, hielt Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle fest, „wir können Menschen nicht zum Gericht begleiten und keine Hasspostings mehr melden“. Alexandra Köck von ZEBRA bezifferte: „Bei uns geht es um rund 3000 Menschen, die wir in Zukunft nicht mehr beraten können. Dazu kommen über 20 Gemeinden in der Steiermark, die kein Integrationsprogramm mehr erhalten sowie das Patenschaftsprojekt für jugendliche Geflüchtete“. Joe Niedermayer vom Verein RosaLila PantherInnen betont: „Für uns als kleinen Verein bedeuten 40.000 Euro weniger an Förderungen einen existenziellen Einschnitt“.
Hohe Folgekosten zu erwarten
Die eingesparte Summe stehe in keinem Verhältnis zu den negativen Folgen, die zu befürchten seien. „Die vom Land auf 2,5 Millionen Euro bezifferten Einsparungen werden das Budget nicht retten“, mutmaßt Tödtling-Musenbichler. „Aber wir reden über Summen, die für die einzelnen Träger existenziell sind. Wir fürchten, dass das erst der erste Schritt ist und der Sparkurs in diesem Sinne im kommenden Jahr weitergeführt werden.“
Gewaltprävention bis Sozialschule
Zu den nicht mehr weiter geförderten Projekten zählen unter anderem die präventiv gegen Gewalt wirkenden Projekte DIVAN und CariM der Caritas, sowie Projekte des Frauen- und Mädchenvereins Mafalda. Der Verein ISOP benannte Projekte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die künftig nicht mehr möglich seien und in der wichtigen Betreuung dieser Gruppe ein großes Loch zurückließen. Darüber hinaus gebe es im Integrationsbereich für Armutsprävention keine Zukunft und für viele sozialen Bereiche keine Valorisierung, was de facto eine Kürzung von 9 Prozent bedeute. In der Caritas erhalte etwa auch die Schule für Sozialbetreuungsberufe keine Förderungen mehr, die vor über 75 Jahren vom Land eingesetzt wurde, um für dringende Berufe in der Behindertenhilfe, der Familienhilfe und Altenfachbetreuung auszubilden.
Landesregierung gefordert, Änderungen vorzunehmen
Auch die Form der Information sei unverständlich: Es sei über Jahrzehnte gute gelebte Praxis gewesen, sich über inhaltlich unterschiedliche Positionen hinweg in verschiedenen politischen Konstellationen zusammenzureden. Eine Entscheidung von solcher Tragweite ohne Vorwarnung und Möglichkeiten, andere Wege zu suchen, habe es noch nie gegeben. Man könne auch die Sprache nicht akzeptieren: „So über Menschen zu sprechen ist unanständig“. Die Organisationen richten ihren Appell an die Politik: „Die gesamte Landesregierung muss Verantwortung übernehmen. Wir fordern die Verantwortlichen auf, noch einmal Änderungen vorzunehmen.“
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Foto: Ein breites Bündnis für Menschlichkeit wehrt sich gegen Kürzungen im Sozialbereich (Credit: ZEBRA)