Sucht und Substitution

Sucht beschreibt eine psychische oder körperliche Abhängigkeit von einem Verhalten oder einer Substanz. Stoffgebundene Abhängigkeiten so wie der Missbrauch von Substanzen werden unter dem Begriff „Substanzgebrauchsstörung“ in verschiedene Schweregrade kategorisiert. Toleranzentwicklung und Entzugserscheinungen beschreiben eine körperliche Abhängigkeit, hingegen wird das Verlangen (Craving) nach der Substanz als psychische Abhängigkeit definiert.

„Für das Zustandekommen einer Substanzabhängigkeit sind neben der Substanz selbst Eigenschaften der Persönlichkeit und soziale Faktoren verantwortlich. Diese Wechselbeziehung zwischen Substanz, Persönlichkeit und Umwelt wird häufig als 'Suchtdreieck' beschrieben“ (Plattform Drogentherapien). Sucht ist eine (chronische) Erkrankung und stellt keine persönliche Schwäche oder individuelles Scheitern dar.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Abhängigkeit im ICD-10 definiert, stellt fest, dass Substanzgebrauchsstörungen nur diagnostiziert werden sollten, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien gleichzeitig während des letzten Jahres vorhanden waren:

  1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren.
  2. Verminderte Kontrollfähigkeit in Bezug auf den Beginn, die Beendigung oder die Menge des Konsums.
  3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch substanzspezifische Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder nahe verwandter Substanzen, um Entzugssymptome zu vermindern oder zu vermeiden.
  4. Nachweis einer Toleranz gegenüber der Substanz, im Sinne von erhöhten Dosen, die erforderlich sind, um die ursprüngliche durch niedrigere Dosen erreichte Wirkung hervorzurufen.
  5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums sowie ein erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
  6. Anhaltender Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutig schädlicher Folgen.

(Deutscher Verkehrssicherheitsrat e.V.)

 

Für opiatabhängige Personen gibt es in Österreich das Substitutionsprogramm, welches den Einstieg in eine geregelte ärztliche Behandlung bei aktueller Abstinenzunfähigkeit bedeutet.

Die Drogenersatztherapie dient zur:

  • Stabilisierung gesundheitlicher, sozialer und finanzieller Verhältnisse
  • Entkriminalisierung, Integration in die Gesellschaft
  • (Wieder-)Eingliederung in den Berufsalltag
  • Schadensminimierung, Infektionsprophylaxe
    (Verminderung der Ansteckung mit HIV und Hepatitis)
  • Dauerbehandlung, Überbrückungsbehandlung oder Reduktionsbehandlung
     

Zum Nachlesen:
http://www.substituieren.at/
https://www.oesterreich.gv.at/themen/gesundheit_und_notfaelle/sucht.html

Suchtdruck bewältigen

 

Craving, Verlangen, Gier, … es gibt viele Wörter, die Suchtdruck beschreiben.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Drogenkonsum auch als begründete und sinnvolle Handlung gesehen wird. Jeder Konsum erfüllt einen Zweck (Beruhigung, Stressabbau, Belohnung, Betäubung, Schlafförderung, Aktivierung…)
Ein Beispiel: Kiffen hilft mir beim Einschlafen. Der Marihuana-Konsum erfüllt für mich also den Zweck der Einschlafhilfe.

Risiko-Situationen erkennen...

Um das eigene Verlangen zu verstehen, muss ich dieses genau beobachten - was habe ich getan/gefühlt/gedacht, bevor und als ich den Suchtdruck verspürt habe – zeichnet sich ein Muster ab? Ein Protokoll zu führen, kann hierfür sinnvoll sein.

Eigentlich möchte ich mit dem Kiffen aufhören, obwohl es mir beim Einschlafen hilft. Wenn ich ans Einschlafen denke, werde ich bereits richtig nervös. Meine Hände schwitzen und ich denke nur mehr daran, mir einen Joint zu drehen. Vor allem wenn ich an dem Park vorbei gehe, in dem ich sonst mein Gras kaufe, muss ich etwas kaufen.

Neue Brücken bauen...

Wenn ich die Risiko-Situationen erkannt habe, versuche ich diese zu verändern oder zu vermeiden.
Damit ich mit dem Kiffen aufhören kann, meide ich die Gegend des Parks, in dem ich sonst mein Gras kaufe. Ich gehe neue Wege. Als Einschlafhilfe suche ich mir neue Strategien.

Notfallkoffer packen...

Für meine Risiko-Situationen lege ich mir 3-4 Ersatzhandlungen („Skills“) zurecht, die mich ablenken und durch die Phase des Verlangens bringen. Am besten funktioniert es, wenn ich sowohl mein Fühlen, meine Gedanken, meine Handlung und meinen Körper ablenke.

Damit ich mit dem Kiffen zum Einschlafen aufhören kann, suche ich mir neue Abendrituale. Ich gehe nun vor dem Einschlafen spazieren, konzentriere mich dabei auf meine Umgebung (wie riecht es, was sehe ich, ich zähle die Personen die mir begegnen), Zuhause mache ich mir noch einen Tee und höre mir im Bett noch ein Hörbuch aus dem Internet an.

Die Dinge beim Namen nennen...

Gut funktionierende und gewohnte Strukturen können nicht von heute auf morgen abgelegt werden. Ich muss mit meinem neuen Notfallkoffer üben, üben, üben. Um den Notfallkoffer besser einsetzen zu können, benenne ich meine Strategien und schreibe mir diese auf einen Notizzettel.

Um ohne Kiffen einzuschlafen gehe ich ab sofort spazieren, beobachte dabei genau die Umgebung, trinke zuhause noch einen Tee und höre mir dann zum Einschlafen ein Hörbuch an.

Wenn es mir mal nicht gelingt...

Sucht ist ein Prozess. Rückfälle sind Vorfälle und kein persönliches Scheitern! Rückfälle gehören zur Suchterkrankung dazu und stellen häufig sogar eine kurzfristige Entlastung dar! Ich versuche es einfach weiterhin…

Was man alles in seinen Koffer packen kann...

  • Sinnesbezogene Skills:
    Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Spüren
  • Gedankenbezogene Skills:
    Gehirnjogging
  • Handlungsbezogene Skills:
    Sport, Aktivität
  • Körperbezogene Skills:
    Atmung, Anspannung, Entspannung

Ein Lied hören, ein Gewürz riechen, am Lieblingsparfum riechen, in eine Zitrone beißen, ein Center-Shock essen, ein Zuckerl lutschen, Kaugummi kauen, Leute zählen, wie viele Männer/Frauen/Rucksäcke/Brillenträger, was habe ich die letzten Tage gegessen?, Hampelmänner machen, singen, schreien, tanzen, Spazieren gehen, meinen kleinen Zehen spüren, Atemzüge zählen, was fühle ich?, wo berühre ich die Umgebung?, welche Muskeln sind gerade angespannt?, Eiswürfel drücken, Gesicht waschen, Gummiringerl schnalzen, Augenübungen machen, ein schönes Bild anschauen, Haustier streicheln, Wohnung putzen, Tee kochen, 5 Dinge die ich sehe + höre + rieche…

Findet 3-4 Dinge, die euch gut tun und in jeder Situation (Zuhause, in der Straßenbahn, im Wartezimmer, bei der Arbeit..) durchführbar sind. Wir wünschen ein gutes Gelingen!

Suchthilfe Einrichtungen

In Österreich gibt es ein großes Angebot an Suchthilfeeinrichtungen, die sich nach ihren Konzepten und Schwerpunkten unterscheiden:

  • Entgiftung
  • Entwöhnung
  • Substitutionstherapie
  • Suchtberatung
  • Schadensminimierung
  • Ambulant
  • Stationär
  • Aufsuchend
  • Niederschwellig

Der Suchthilfekompass sowie die Drogenberatung Steiermark geben einen Überblick über vorhandene Beratungs- und Therapieeinrichtungen.

Kostenübernahme für Therapien

In der Steiermark stellt die Kostenübernahme für eine Therapie (Entwöhnung) eine Leistung nach §5 Steiermärkischen Behindertengesetz (BHG) dar, eine Entgiftung (der körperliche Entzug) ist eine Kassenleistung und bedarf daher keiner gesonderten Antragsstellung!
Den Antrag zum Download sowie weitere Informationen finden Sie hier.

Die meisten Therapie-Einrichtungen sind dir bei der Antragsstellung auf Kostenübernahme gerne behilflich. Ansonsten stehen dir die MitarbeiterInnen vom Kontaktladen sehr gerne zur Seite.