Für die steirische Caritas war das vergangene Jahr ein Jahr zwischen Rückschau und Zukunftsorientierung. Zum Wirkungsbericht, der eine Bilanz der Hilfe zieht und jetzt publiziert wurde, hält Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler fest: „Unser klares Ziel war und ist, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen. Wir haben 2024, im 100. Jahr unseres Bestehens, gesehen: Unsere Hilfe ist heute nötiger denn je.“ Mit Blick auf die anhaltenden Krisen und auf die Finanzsituation im Land appelliert Vizedirektorin Petra Prattes: „Es ist klar, dass gespart werden muss. Das darf aber nicht auf dem Rücken der Ärmsten geschehen!“ Die Spendenbereitschaft der Menschen sei trotz des gestiegenen finanziellen Drucks weiterhin hoch: „Für diese Solidarität sind wir dankbar – für die Spenden genauso wie für die Aufmerksamkeit, die sie signalisieren.“
Stille Not und Katastrophen
Die Caritas hat im Jahr 2024 an vielen Anlaufstellen, etwa der Beratung zur Existenzsicherung (BEX) und bei den Lebensmittelausgaben einen weiterhin hohen Bedarf an Hilfe registriert. „Wir erleben alltägliche, stille Not. Vor allem Alleinerziehende, Mindestpensionist*innen und Familien mit wenig Einkommen brauchen Unterstützung, um ihren Alltag absichern zu können. Die Zahl derer, die erstmals in unsere Beratungen kommen, ist erneut angestiegen. Zudem erhalten im Schnitt 200 Familien pro Woche Lebensmittelpakete. Diese Hilfe ist dauerhaft nötig.“ Dazu sei auch im Vorjahr erneut Katastrophenhilfe gefordert gewesen: „Wir haben an 186 Familien nach den Überflutungen rasch und unbürokratisch Soforthilfe ausbezahlt, damit sie in der Notsituation handlungsfähig bleiben.“
Prävention im Fokus
Wie in der Vergangenheit, passe die Caritas auch gegenwärtig ihre Hilfeleistungen an neue Entwicklungen an, führt Direktorin Tödtling-Musenbichler aus: „Aus der täglichen Erfahrung mit Menschen in Not heraus nehmen wir neue Problemfelder wahr und handeln entsprechend.“ So sei die Bahnhofsmission als eine der ersten Anlaufstellen für vielfältige Hilfe der historischen Caritas mit einem neuen Profil ins Heute übertragen worden. Die Caritas lege zudem verstärkt den Fokus auf Prävention: „Wir haben mit der Kindergartensozialarbeit ein innovatives Modell entwickelt, um schwierige soziale Familiensituationen zu erkennen und zu unterstützen. Dies ist ein mächtiger Hebel einer frühzeitigen Armutsprävention und hilft auch, bessere Bildungsgerechtigkeit zu realisieren.“ Angesichts des zunehmenden Bedarfs an psychosozialer Unterstützung wirkt die Caritas seit dem Vorjahr als neuer Träger in der Mobilen Psychosozialen Betreuung mit und bringt hier ihre langjährige Expertise aus dem stationären Bereich ein. „Wir investieren auch in Bildung und haben einen neuen Standort für die HLSP eröffnet, wo junge Menschen eine zukunftsorientierte Ausbildung mit Matura in Sozial- und Gesundheitsberufen erhalten“, so Tödtling-Musenbichler.
Nachhaltigkeit als Zukunftsthema
Vizedirektorin Prattes verweist auf die Verschränkung von sozialen und ökologischen Themen: „Nachhaltigkeit ist ein Zukunftsthema, das wir auf vielfältige Weise in unsere Tätigkeit integrieren.“ Mit der sozialen Energiesparberatung etwa werde Menschen, die wenig finanziellen Spielraum haben, ermöglicht, einen eigenen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Ökologische und soziale Nachhaltigkeit stehe auch bei den Carlas im Vordergrund: „Der gesamte Kreislauf von Sachspenden über Sortierung und Weiterverwertung und Verkauf wird über Beschäftigungsprojekte abgewickelt.“ 651 ehemals langzeitarbeitslose Menschen konnten hier 2024 auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt unterstützt werden. An den 33 steirischen Carla-Standorten und in über 300 Sammelcontainern steiermarkweit seien 3.500 Tonnen Sachspenden gesammelt und im Sinne der Kreislaufwirtschaft verwertet worden.
2.606 Mitarbeiter*innen und 2.093 Ehrenamtliche wirken zusammen
Die für Finanzen zuständige Vizedirektorin resümiert: „. Wir haben im vergangenen Jahr bei einem Finanzvolumen von 140,7 Millionen Euro mehr finanzielle Mittel in die Hand genommen um zu helfen, als wir durch Förderungen, Entgelt für Leistungsverträge und Beiträge sowie Spenden erhalten haben.“ Für die Caritas als nicht gewinnorientierte gemeinnützige Organisation sei der Jahresverlust von 944.000 Euro einmalig tragbar, könne aber nicht zur Dauerlösung werden. „Tag für Tag wirken 2.606 Mitarbeiter*innen und 2.093 Ehrenamtliche zusammen, um die vielfältigen Angebote der Caritas aufrecht zu halten.“ Prattes verweist auf die Notwendigkeit, dass Entgelte für Leistungen, die wir als Hilfsorganisation im öffentlichen Auftrag übernehmen, angepasst werden müssen: „angesichts der wirtschaftlichen Lage gehen wir davon aus, dass Jahre der Konsolidierung vor uns liegen.“
FOTO (honorarfrei, credit: Caritas/ Andreas Streif): „Hilfe ist notwendiger denn je“: Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler (li.) und Vizedirektorin Petra Prattes zum Wirkungsbericht 2024