Die Caritas der Diözese Graz-Seckau sammelt derzeit Unterschriften zum Stopp der Spekulation auf Nahrungsmittel. Auf der Homepage www.stopp-spekulation.at kann jeder, das Anliegen unterstützen will, eine Unterschrift leisten. Nach Ende der Petition sollen die Unterschriften an Finanzministerin Fekter übergeben werden, dass sie sich in Brüssel für eine entsprechende Ausgestaltung der EU-Finanzmarktrichtlinie MIFID II stark macht.
Laut FAO geben die Ärmsten 60-80% ihres spärlichen Einkommens für Nahrungsmittel aus. Bereits eine geringe Steigerung der Preise kann drastische Folgen haben und zu einer Frage des Überlebens werden. Nach einem jahrzehntelangen Rückgang der Lebensmittelpreise steigen diese seit 2006 ständig an. Hohe Lebensmittelpreise am Weltmarkt wirken sich auch auf lokale Lebensmittelpreise auf. Das hat vor allem auch für jene kleinbäuerlichen Familien, die nicht genug produzieren, um sich selbst zu ernähren, drastische Folgen haben kann.
Neben Ernteausfällen in großen Getreideländern, geringen weltweiten Lagerbeständen, dem erhöhten Anbau von Getreide für Agrotreibstoffe, den hohen Erdölpreisen und auch den sich ändernden Konsumgewohnheiten, ist die Zunahme von Spekulationen auf Agrarrohstoffe in den Finanzmärkten einer der Gründe für steigende Lebensmittelpreise. Nach der durch die enormen Preissteigerungen im Jahr 2007/2008 versursachten Lebensmittelkrise hat die OECD festgestellt, dass Spekulationen auf Getreidemärkten vor allem kurzfristige Preiseffekte haben können und für die Preisschwankungen von Getreide ausschlaggebend sein können. Laut einer Studie im Auftrag der Welthungerhilfe sind Spekulanten für etwa 15 Prozent der Preissteigerungen von Getreide in den Jahren 2007-2009 verantwortlich. Ethisch gesehen ist das Spekulieren auf Grundnahrungsmittel nicht zu vertreten. Worüber die einen jubeln – hohe Gewinne durch Preissteigerungen – kann für kleinbäuerliche
Familien in Afrika das Todesurteil sein.
Immer mehr Geschäfte auf den Agrarmärkten dienen der reinen Spekulation
Spekulationen auf Grundnahrungsmittel haben in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Vor allem so genannte non-commercial traders, also jene, die nicht an der Ware selbst interessiert sind, haben Grundnahrungsmittel als erfolgsversprechende Anlageform erkannt und ihren Anteil an Geschäften am Rohstoffmarkt erhöht. Auf den Terminbörsen wurde immer mit Agrarrohstoffen gehandelt, um sich gegen zukünftige Preisschwankungen abzusichern und um Preisstabilisierung zu gewährleisten. Mit der rasanten Zunahme der non-commercial traders tritt das Spekulieren mit dem Ziel der Gewinnerzielung in den Vordergrund. Laut FAO gehen nur noch 2 Prozent der Termingeschäfte auf den Rohstoffmärkten mit einem realen Austausch von Waren einher. Damit ziehen solche Märkte auch Anleger an, die nicht an der Ware selbst interessiert sind, sondern lediglich an den spekulativen Gewinnen.
Eine strenge Regulierung der Agrarrohstoffmärkte ist längst überfällig
Es ist notwendig, den Finanzspekulationen bei Agrarrohstoffen einen Riegel vorzuschieben. MIFID II – die Revision der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente - ist eine Möglichkeit dazu. Im November 2011 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Reform der Finanzinstrumente-Richtlinie (MiFID II) vorgelegt. Diese wurde dem EU Parlament und dem Rat zur Beratung und Verabschiedung übergeben. Der Revisionsprozess wird wahrscheinlich bis Ende 2012 dauern.
Die Caritas hat die Plattform www.stopp-spekulation.at ins Leben gerufen, auf der bis Ende Oktober Unterschriften gesammelt werden, die dann an Finanzministerin Fekter übergeben werden. Unterschriftenlisten liegen auch bei der Caritas der Diözese Graz-Seckau in der Grazer Raimundgasse 16 auf und können auch von der oben genannten Homepage herunter geladen und dann an die Caritas Österreich geschickt werden. Das Ziel der Aktion ist eine entsprechende Ausgestaltung der EU-Finanzmarktrichtlinie MIFID II. Die Caritas fordert, dass folgende Elemente in der Richtlinie klar und präzise festgehalten und damit Spekulationen mit Nahrungsmitteln eingedämmt werden:
1. Mehr Transparenz auf den Rohstoffmärkten
Derzeit ist oft nicht klar, wer mit Agrarrohstoffen handelt. Die Zahl der nicht regulierten
Bereiche muss verringert und Melde – und Berichtspflichten verschärft werden.
2. Verbot von Investmentfonds an den Agrarrohstoffmärkten
Spekulieren mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln zur reinen Gewinnerzielung dürfte nicht möglich sein. Deshalb sollte insgesamt ein Verbot von Investmentfonds in Betracht gezogen werden.
3. Strikte Beschränkungen für jeden Terminhandel mit Nahrungsmitteln
Das sind Obergrenzen, nach denen Händler nur eine bestimmte Anzahl von Derivaten handeln
dürfen. Damit könnte die Konzentration bei einzelnen Händlern verhindert und exzessive
Spekulation eingedämmt werden.
4. Wirksame Kontrollen durch starke Aufsichtsbehören
Die Aufsichtsbehörden zur Regulierung der Finanzmärkte müssen gestärkt werden,
sowohl was ihre Kompetenzen als auch was ihre personelle Ausstattung betrifft. Diese
sollen auch präventiv eingreifen können.