Warum hast du dich für diese Arbeit entschieden?
Mein Zivildienst in der Arche 38 hat mich sehr positiv beeindruckt und damit ist auch die Lust und Neugier an dieser Arbeit entstanden. Andererseits ist es auch eine große Portion Idealismus, denn ich bin der Meinung, dass Wohnen ein Menschenrecht ist und dass wir in der Winternotschlafstelle zumindest einen kleinen Teil dazu beitragen – dies sind meine humanitären Werte, die in meine Arbeit einfließen. Zusätzlich ist es eine auch Praxiserfahrung für mein Studium. Ich finde es auch spannend, dass man vor einem Dienst nie weiß, wer oder was auf einem zukommt, das bringt die Arbeit mit Menschen mit sich – es wird nie langweilig.
Was ist für dich trotz der Not das Schöne an der Arbeit?
Das Schöne sind vor allem kleine Schritte in Richtung eines „gelingenderen Lebens“ für die Klienten. So ist mir vor allem eine Situation im Hinterkopf geblieben, wo mir ein um die 40 Jahre alter Mann mit tränenden Augen seine Dankbarkeit zeigte und sagte: „Sie wissen gar nicht, was das für mich bedeutet, was Sie für mich machen“. Wir hatten gemeinsam eine geeignete Pflegeeinrichtung für ihn gefunden. An solchen Momenten muss man festhalten, sie bestärken einen in seinem Tun und Schaffen. Allgemein kann ich sagen, dass mir Dankbarkeit und kleine Erfolge die Kraft geben, diese Arbeit anzugehen.
Was ist deiner Meinung nach den Bedürftigen am Wichtigsten?
Das ist grundverschieden: Das Bett wird bei -20 Grad draußen natürlich zum wichtigsten Gut. Aber auch eine gewisse Gemeinschaft und soziale Kontakte sind wichtig. Manche suchen auch entlastende Gespräche bei mir und man kann im groben an Lösungsvorschlägen arbeiten.
Gibt es Bedürftige die zwar zum Schlafen kommen, aber sonst keinen Kontakt wollen?
Ja gibt es durchaus. Die Notschlafstellen in Graz erfassen schließlich nur Obdachlose, welche auch gewillt sind hier zu schlafen. Es gibt aber auch zahllose Leute die – vor allem im Sommer – zum Beispiel in Parks oder Tiefgaragen schlafen und soziale Kontakte meiden.
Bei uns vertragen die Klienten also ein „Mindestmaß an sozialen Kontakten“, sonst wären sie nicht hier. Die Entscheidung in einer Notschlafstelle zu schlafen oder nicht, liegt schlussendlich jedoch bei den Menschen selber. Man kann niemanden dazu zwingen.
Wie läuft so eine Nacht ab – ruhig, oder kommt es oft zu unerwarteten Ereignissen?
Ganz verschieden: Manche Nächte sind ganz ruhig, aber es kommt auch immer wieder zu Zwischenfällen. Einmal hatte ein Klient zum Beispiel einen epileptischen Anfall, das war heftig. Aber auch Handgreiflichkeiten können vorkommen – da muss man dann schnell reagieren.
Gibt es keine solche Zwischenfälle, komme ich zumindest zu ein paar Stunden Schlaf :)